Breaking News Philippinen: Kriegsrecht, Fake-News oder Wahrheit – Das geschieht wirklich in Marawi (Teil 2)
Einige Medien berichten über Ausnahmezustand, Kriegszustand, Rebellion und Gefahren auf den Philippinen. Fake-News? Übertrieben? Was ist da wirklich dran?
Die Medien schreiben so einiges. Die sozialen Netzwerke auch. Es geht um Politik, Korruption, Drogen, Muslime, Islam, IS, Terror auf den Philippinen. Hier lesen Sie was wirklich auf den Philippinen vorgeht.
In Teil 1 “So verstehen Sie die Philippinen” hatte ich Ihnen die Philippinen geografisch und historisch erläutert.
Jetzt folgen die versprochenen Details und Hintergründe zu den Vorkommnissen in Marawi, tief im Süden der Philippinen.
1. Muslime in den katholischen Philippinen
Für Asien ist das wahrhaft einmalig: Die Philippinen sind zu mehr als 90 % christlich, meist katholisch geprägt.
Es herrscht somit ein westlich, amerikanisch geprägter Lebensstil vor, in dem aber der Glaube eine stark verankerte Rolle spielt. So werden Versammlungen oder auch nur einfache Arbeitssitzungen für gewöhnlich mit einer Segnung eröffnet.
Danach folgt das Abspielen und gemeinsame Singen der Nationalhymne. Die gilt für alle: Christen und Muslime.
Der Übermacht der Christen stehen etwa 5 % philippinische Muslime entgegen. Diese leben vorwiegend im Süden des Landes, und dort im westlichen und südlichen Teil Mindanaos sowie weit im Westen, in der Sulu-See. Doch dazu später mehr.
Wie funktioniert das nun zwischen Muslime und Christen auf den Philippinen?
Es funktioniert durchaus gut im Alltag. Je nachdem wo man steht.
Vier der acht Enkelkinder vom christlichen Präsidenten Duterte gehören dem muslimischen Glauben an, da sein Sohn Paolo – seit 2017 amtierender Vize-Bürgermeister von Davao – eine Muslima geheiratet hat.
2. Wie der Islam zu den Philippinen kam
Arabische Händler brachten den Islam etwa um 1380 auf die Philippinen.
Die Nachbarländer der Philippinen im Süden sind mehrheitlich muslimisch geprägt. Indonesien (88 %) und Malaysia (61 %) sowie das kleine Brunei mit ihren muslimischen Staatsreligionen sind das genaue religiöse Gegenteil der Philippinen.
Von dort gab es über die Jahrhunderte immer wieder Wanderbewegungen der muslimischen Bevölkerung. Ein Teil der Ureinwohner der Philippinen waren zunächst Muslime , also noch bevor 1521 der erste christliche Seefahrer in Gestalt von Ferdinand Magellan philippinischen Boden betrat.
Es verwundert daher nicht, dass es seit Jahrhunderten Bestrebungen nach Unabhängigkeit gibt.
3. Der Sultan von Brunei, Piraten und Moros
1567 gehörte Manila dem Sultan von Brunei und war muslimisch. Ein gewisser Juan de Salcedo eroberte daraufhin Manila. Damit wurde automatisch das Christentum eingeführt.
Aufgrund dieser Erfahrung schickte der Entdecker und Conquistador Miguel López de Legazpi 1570 seinen Enkel, eben jenen Juan de Salcedo, nach Mindoro, um aufständische muslimische Piraten zu bestrafen.
Diese hatten mal wieder Dörfer auf der Insel Panay ausgeplündert. Im Jahr 2017 leben dort etwa 4,5 Millionen Menschen.
Nach Legazpi und Salcedo sind heute Stadtteile und Straßen nicht nur in Makati benannt.
Aber wieder zurück zum Thema: Was sind Moros?
Der Begriff Moro steht für ethnische Muslime, die im Süden der Philippinen insbesondere in den Gebieten von Mindanao, Jolo und dem angrenzenden Sulu-Archipel leben.
Der von jahrhundertelanger Unterdrückung und Religion geprägte Konflikt mündete in eine Widerstandsbewegung der Moros, die es noch heute im Jahre 2017 gibt.
4. Die Maute-Gruppe und der IS
Die Maute-Gruppe wurde 2012 von Abdullah and Omar Maute gegründet. In 2015 wurden Sympathiebekundungen für den sogenannten islamischen Staat IS veröffentlicht. Beide Brüder waren zuvor Kämpfer bei der Moro Islamic Liberation Front (MILF) und sind noch heute mit deren Anführern durch Blutsbande oder Heirat verbunden.
2016 ergaben Untersuchungen der philippinischen Regierung, dass die Maute-Gruppe die am besten organisierte radikale Organisation auf philippinischem Territorium ist. Sie wird durch ihre Nähe zum IS als äußerst gefährlich eingeschätzt.
Diese vorher eher symbolische Nähe zum IS hat im Mai/Juni 2017 zu einer Eskalation geführt.
Der IS wollte die Gunst der Stunde nutzen, um auf den Philippinen eine Operationsbasis und ein Kalifat des IS zu errichten.
Der IS führt zurzeit Rückzugsgefechte in Syrien und im Irak. Die dort agierenden zahlreichen Kämpfer aus Indonesien und aus Malaysia werden, so wird befürchtet, nach neuen Gebieten suchen, in denen sie unbehelligt untertauchen können. Dafür bieten sich Territorien auf den südwestlichen Philippinen an.
5. Verlauf der Kämpfe
Die Kämpfe begannen am 22. Mai 2017. Philippinische Streitkräfte wollten einen Haftbefehl gegen den Kopf der IS-nahen terroristischen Abu Sayyaf-Gruppe, Isnilon Hapilon, in der Stadt Marawi auf der süd-philippinischen Insel Mindanao vollstrecken. Die Gegenwehr der Abu Sayyaf war heftig. Zahlreiche philippinische Sicherheitskräfte wurden getötet.
Die philippinische Regierung reagierte sofort mit der Ausrufung des Kriegsrechtes und der In-Marschsetzung der Truppen nach Marawi. Amerikanische Lufteinheiten unterstützen die Befreiungsaktionen.
Ihnen zu Hilfe eilten islamistische Rebellen der Maute-Gruppe, die die Stadt Marawi besetzten.
Unter den Terroristen sollen sich Angaben zufolge viele Ausländer befinden, die sich bereits im Land befanden.
Am 23. Mai 2017 gingen die Terroristen zum Angriff über und eroberten das Bürgermeistergebäude in Marawi in Lanao del Sur, einer Provinz in der autonomen Region in Muslim Mindanao (ARMM). Deren Hauptstadt ist Marawi. Von den knapp 200.000 Einwohnern konnten 180.000 evakuiert werden.
Im Zuge der bis zum heutigen Tag (28. Juni 2017) anhaltenden Gefechte wurden zahlreiche Gebäude besetzt wie eine Schule, ein Hospital und die Kathedrale.
Bisher sind etwa 3.000 Angehörige der philippinischen Streitkräfte sowie etwa 500 Rebellen und Terroristen in die Kämpfe verwickelt. Auf Regierungsseite wurden etwa 70, auf Seiten der Terroristen knapp 300 Personen sowie etwa 100 Zivilisten getötet. Es sind noch immer etwa 150 Zivilisten gefangen in Marawi (Stand: 28. Juni 2017).
Die Kämpfe dauern an. Die Regierung schlägt mit Truppen und schwerem Geschütz zurück. Es sieht derzeit so aus, als sollten die verbleibenden etwa 120 Terroristen in Kürze besiegt sein.
6. Verhängung des Kriegsrechts in Mindanao
Präsident Duterte verhängte noch aus Russland am 23. Mai 2017 über die gesamte Inselregion Mindanao das Kriegsrecht (Martial Law) für zunächst 60 Tage und brach seine Russlandreise ab.
Damit entfällt die Pflicht, vor einer Inhaftierung erst einen Haftbefehl ausstellen zu müssen. Dieser kann jetzt auch drei Tage später beigebracht werden.
Im Zuge der Befreiung von Marawi wurde bereits am ersten Tag, am 23. Mai 2017, ein Video gefunden. Das zeigt den Anführer Abdullah Maute zusammen mit dem Abu Sayyaf-Terroristen, Isnilon Hapilon und etwa 10 weiteren Personen. Abdullah Maute erläutert darin Pläne, die Stadt Marawi zu übernehmen, mit den Einwohnern zu verfahren wie ihnen beliebt und die Stadt als Ausgangspunkt für ein philippinisches Kalifat auszubauen.
Die weitere Information, dass bereits 2016, Isnilon Hapilon, vom IS zu deren Emir in Südost-Asien bestimmt wurde, ließ damit auch letzte Zweifel auf den Philippinen verstummen, ob die Ausrufung des Kriegsrechtes das richtige Mittel sei, dem Terror entgegenzutreten.
Am 30. Mai 2017 hat der Senat der Philippinen mit Mehrheitsbeschluss (17:5) die Verhängung des Kriegsrechts unterstützt.
7. Sicherheit – Wo denn genau?
In Marawi, das in der Mitte und an der nördlichen Küste der Insel Mindanao liegt, ist es alles andere als sicher. Dort wird gekämpft. Die Stadt ist eingeschlossen. Es ist dort sehr gefährlich. Dort herrscht Krieg. In diese Gebiete sollten Sie nicht reisen.
Für Reisen in alle anderen Gebiete, insbesondere nach Metro Manila, Cebu City oder Davao auf der Insel Mindanao besteht diese Sorge nicht. Sonst dürfte wohl auch niemand nach Berlin, Cannes, Manchester, London oder Paris reisen.
Der Autor hat für sein philippinisches Unternehmen für technischen Hochwasserschutz gerade einen Auftrag im Norden der Insel Mindanao, unweit der umkämpften Stadt Marawi, erhalten und wird dort in etwa zwei Wochen die Montage durchführen.
Einheimische berichten, dass es sicher ist.
Aber ja, es gibt dort verstärkte Militärposten und Polizei. Solange Sie nicht mit einer Bierflasche krakeelend nachts um 22 Uhr auf der Straße angetroffen werden, haben Sie jedoch nichts zu befürchten.
8. Fazit
Präsident Duterte hat das Kriegsrecht ist für die südliche Region Mindanao ausgerufen.
Die Kämpfe der radikal-islamischen Maute-Gruppe mit Abu Sayyaf-Kämpfern um die Errichtung einer IS-Hochburg in der Stadt Marawi in der Provinz Lana del Sur dauern an (Stand: 28. Juni 2017). 300 Terroristen konnten getötet werden. Insgesamt gab es bisher mehr als 470 Tote unter Terroristen, Regierungstruppen und Zivilisten.
Die Regierung schlägt mit Truppen und schwerem Geschütz zurück. Es sieht derzeit so aus, als sollten die Terroristen in Kürze besiegt sein. Aber wer weiß das schon.
In allen anderen Landesteilen der Philippinen sind keine Unruhen bekannt. Das Leben geht dort ungehindert und ungestört weiter.
Vorsicht ist geboten. Das gilt aber nunmehr für fast alle Orte dieser Welt.
Meine asiatische Frage an Sie:
Welche Meinung haben Sie zu diesem Thema “Sicherheit”?